Die Blockierung von Erfahrung
Das Durchleben einer Erfahrung erhellt ihren Hintergrund
Es führt zu Erkenntnis, zu neuen Entscheidungen, zu neuen Möglichkeiten und Wegen und zu wirklichen Lösungen.
Das ist der Motor einer menschlichen Entwicklung, die wirklich funktioniert.
Es ist das Gegenteil von fruchtlosen Anstrengungen, die nichts bringen, außer dass das Problem noch größer wieder erscheint, sobald man auch nur einen Moment mal aufhört sich anzustrengen.
Aber die Erfahrung wird blockiert - auf vielfältige Weise:
- man wendet sich schnell etwas anderem zu
- man bringt sich auf andere Gedanken
- man fasst schnell einen Entschluss, um das schlechte Gewissen zu beruhigen
- warum soll man eine Erfahrung zulassen, die man doch eigentlich nicht haben will?
- man geht eine rauchen
- man setzt sich vor den Fernseher
- man ruft eine Freundin an, um sich mal richtig auszuquatschen
- man verspannt sich innerlich
- man meidet die Situation, obwohl sie eigentlich dem entspricht, was man will
- man dröhnt sich mit Musik zu
An dieser Stelle muss ein wichtiges Missverständnis vermieden werden:
Wenn davon die Rede ist, sich einer Erfahrung zu stellen, dann heißt das nicht, seine Aufmerksamkeit möglichst negativen Sachverhalten zuzuwenden.
Erfahrungen sind etwas, das von allein auf einen zukommt. Sie drücken. Sie wollen durchlebt werden. Sie drängen nach oben. Man muss sich anstrengen, sie davon abzuhalten, erfahren zu werden.
Aber genau das geschieht aber nahezu immer.
Es gibt folgende Blockade-Muster
- Verdrängung: die Erfahrung wird schnell durch etwas anderes verdeckt oder verdrängt
- innere Widerstände: innere Blockaden hindern die Erfahrung daran abzulaufen bzw. durchlebt zu werden
- die Schnellschuss-Reaktionen: schnelle Entschlüsse oder Handlungen sollen Versäumnisse, die zu der Erfahrung geführt haben, schnell korrigieren
- der unmittelbare Versuch, die Erfahrung im Moment ihres Auftretens abzuändern oder zu verhindern.
Warum geht eine materielle Weltsicht mit der unmittelbaren und umfassenden Blockade von Erfahrung einher?
Materielle Weltsicht basiert eigentlich auf dem unmittelbaren Umgang mit Materie: Wenn ein Kind mit Bauklötzern spielt, dann lernt es genau diesen unmittelbaren Umgang mit der Materie. Fällt ein Bauklotz vom Turm herunter, dann stellt man ihn einfach wieder drauf. Wenn an einer Stelle der grüne Bauklotz nicht gefällt, dann ersetzt man ihn eben durch einen roten. Dieses direkte Korrekturschema wird auf die Ebene der Erfahrungen übertragen. Und dort funktioniert es aber nicht auf diese Weise.
Erfahrungen werden nicht auf der Erfahrungsebene korrigiert, sondern auf der Ideenebene. Und damit das möglich wird, müssen sie aber erst durchlebt werden.
Es lassen sich zwei grundlegende Fälle unterscheiden
- die Blockierung der Erfahrung an sich: Sie verhindert vor allem, dass die Erfahrung hochkommen und durchlebt werden kann. Damit wird aber auch die Erkenntnis des Erfahrungshintergrundes verhindert
- das unmittelbare in die Erfahrung korrigierend oder Versäumnisse aufholend hineinhandeln
Beides sind unmittelbare Reaktionen auf die Erfahrung. Beides sind damit unmittelbare Reaktionen auf die Idee hinter der Erfahrung. Beides bedeutet, das sich das Verhalten nach der Idee ausrichtet. Beides bedeutet, dass die Verwirklichung der Erfahrung vorangetrieben wird. Und das ist ja das Gegenteil dessen, was man eigentlich erreichen will.
Nun wird man feststellen, dass es kaum möglich ist, Blockade und Reaktion auf eine Erfahrung direkt abzustellen. (Und schon hat man das nächste Problem)
Es handelt sich dabei um einen Prozess, die unmittelbaren Blockade-Reaktionen auf eine Erfahrung immer mehr zu lockern und aufgeben zu können, während sich gleichzeitig ein Lösungsprozess von der Idee hinter der Erfahrung vollzieht.
Man könnte sagen, das "Ich" löst sich von der Idee. Die starke Identifizierung mit der Idee löst sich.
Je mehr man eine Erfahrung zulassen und hochkommen lassen kann, um so weiter ist der Prozess der Loslösung von der Idee vorangeschritten.
In dem Moment, wo man eine Erfahrung ganz vollständig und ohne jeden inneren Widerstand zulassen kann, ist gleichzeitig der Loslösungsprozess von der Idee vollständig vollzogen. Man ist dann nicht mehr gezwungen, die entsprechende Idee für wahr zu halten.