Ernährung

Die menschliche Ernährung wird beherrscht von 2 Themen:

1. Gesunde Ernährung

2. Schlank bleiben oder werden

Beide Themen sind geprägt von lebenslangem Ringen: Es klappt leider nie wie es soll. Man nimmt sich zwar immer wieder vor, weniger zu essen oder sich endlich gesund zu ernähren, aber es klappt dann nicht.

Und warum klappt es nicht?

Der leidige Appetit! Er richtet sich leider nicht nach dem, was Ernährungswissenschaftler und ähnliche Experten als richtig herausgefunden haben.

Dass es die beiden Themen überhaupt gibt, beruht bereits auf einer anderen Idee:

Der Körper sich selbst überlassen würde zu viel essen und das Falsche.

Das heißt, wenn man es allein dem Appetit überließe, das Essen, dann würde es nicht richtig sein. Deshalb muss man sich bemühen, weniger zu essen und das Richtige.

Zunächst die Alternative: Was könnte man stattdessen tun?

Man könnte seinem Körper und seinem Appetit vertrauen. Man isst einfach das aus dem reichhaltigen Angebot, was man will.

In der übrigen Natur, wie sie zum Beispiel das Tierreich repräsentiert, scheint das zu klappen: Ich habe noch nie ein Reh mit Übergewicht durch den Wald rennen sehen. Und die Rehe machen auch nicht den Eindruck, sich falsch zu ernähren. Da sie aber keinen rationalen Verstand haben und auch keine Ernährungswissenschaftler bleibt ihnen nichts anderes übrig, als sich auf ihren Appetit zu verlassen. Es scheint zu funktionieren. Höchstens bei den Hummeln, da scheint es die eine oder andere gewichtsmäßige Entgleisung zu geben (kleiner Scherz).

Warum sollte es nicht auch beim Menschen funktionieren? Es würde vieles vereinfachen.

Es gibt im Umkreis dieses Themenfeldes mehrer Teilprobleme, die wir uns jetzt der Reihe nach anschauen:

1. Egal was man macht - es ist falsch

Zum Thema gesunde Ernährung gibt es ja keine einheitliche Lehre, sondern einfach nur einen Haufen verschiedener Meinungen. Tatsache ist, wenn man all das glaubt, was da an Ernährungsregeln herumgeistert, kommt man früher oder später in die Situation, gar nichts mehr essen zu können, was richtig ist. Egal, was man isst, es ist immer falsch.

2. Magersucht - die Angst vor dem Essen

Wenn man sich sehr konsequent bemüht, sich gesund zu ernähren oder weniger zu essen oder beides, dann steht man in einem ständigen Konflikt mit dem eigenen Appetit. Es ist ein Wechselspiel von guten Vorsätzen, schmachvollen Niederlagen und noch größeren Anstrengungen. Man hat ständig das Gefühl, das Falsche zu essen. Man macht immer etwas falsch, wenn man isst.

Daraus entsteht mit der Zeit eine Angst vor dem Essen. Mit Freude essen ist nicht mehr möglich. Das Essen ist ein Schlachtplatz von Kämpfen mit dem eigenen Körper.

Die Angst kann so groß werden, dass man das Essen einstellt, weil man durch das Essen mit so großen Ängsten konfrontiert wird. Das ist dann die Magersucht. Magersucht ist nicht - wie vielfach angenommen - der Versuch immer schlanker zu werden. Sondern Magersucht ist die blanke Angst vor dem Essen - die Angst schon wieder alles falsch zu machen und sich damit zu schaden - entweder durch "falsches Essen" oder durch zu viel.

Der Weg aus der Magersucht heraus führt nur durch die Angst. Man muss sich der Angst stellen und sich dabei klarmachen, dass es in Ordnung ist, so zu essen wie der Körper es möchte. Während man wieder zu essen anfängt, begegnet man natürlich all den Ängsten: dick zu werden und sich mit dem Essen zu schaden. Da muss man dann hindurch.

3. Schokolade macht dick

Wenn man sich bemüht schlank zu werden oder zu bleiben, dann ist ein zentrales Thema: Dieses oder jenes Nahrungsmittel macht dick. Man versucht möglichst nur solche Nahrungsmittel auszuwählen, die nicht dick machen und versucht die zu meiden, welche dick machen.

Bedingt durch den Konflikt mit dem eigenen Appetit, strengt man sich sehr an, sein Essen entsprechend auszuwählen. Dabei reagiert man ununterbrochen auf die Idee Dieses oder jenes Nahrungsmittel macht dick.

Und das führt dazu, dass sich das als Erfahrung umzusetzen beginnt. Der Körper wird das Essen so verwerten, dass am Ende immer besser stimmt, worauf man die ganze Zeit seine Energie investiert: Man wird von bestimmten Nahrungsmitteln schneller dick, als es der Fall wäre, wenn man sich um diese Frage nie gekümmert hätte.

4. Unverträglichkeitskrankheiten

Wenn man sich sehr um eine gesunde Ernährung bemüht, dann steht man in einem permanenten Konflikt mit seinem Appetit. Wäre das nicht so, bräuchte man sich ja nicht darum bemühen und auch überhaupt kein Thema daraus zu machen. Man strengt sich also an, damit es klappt. Dabei reagiert man mit viel Energie auf eine ganz bestimmte Idee.

Denn das ist die Kehrseite der gesunden Ernährung: Wenn bestimmte Nahrungsmittel gesund sind, dann sind wohl andere Nahrungsmittel ungesund, die man vom Appetit her eigentlich gerne essen würde.

Die Idee hinter den Anstrengungen um gesunde Ernährung ist: Dieses oder jenes Nahrungsmittel ist nicht gut für mich oder schadet mir gar."

Und das verwirklicht sich dann: erst als Gefühl: Immer wenn man etwas isst, das eigentlich nicht richtig ist, hat man das Gefühl "Das ist nicht gut für mich"

In der Folge strengt man sich mehr an. Dann verwirklicht es sich als Erfahrung: Der Körper beginnt erste Unverträglichkeits-Erscheinungen zu produzieren.

Und wenn man sich dann noch mehr anstrengt, hat man irgendwann eine der vielen Unverträglichkeits-Krankheiten am Hals: Nun ist es eine Tatsache, dass bestimmte Nahrungsmittel nicht gut für den Körper sind. Man verträgt sie nicht mehr. Der Körper hat materialisiert und als Erfahrung verwirklicht, woran man die ganze Zeit geglaubt hat:

"Nahrungsmittel xy ist nicht gut für mich."

Nun kann man das entsprechende Nahrungsmittel nicht mehr essen.

Das Verhalten, welches als Reaktion auf die materielle Verwirklichung nun erzwungenermaßen erfolgt liegt sozusagen in einer Linie mit dem Verhalten, welches zu der Verwirklichung geführt hat. Denn auch vorher hat man sich ja darum bemüht, bestimmte Nahrungsmittel nicht zu essen, weil man dachte, sie wären nicht gut für den Körper. Da war es noch eine Idee. Und jetzt ist es eine materielle Tatsache.

Wenn man aber einmal in der Situation ist: Wie kommt man da wieder heraus?

Indem man beginnt nach neuen Ideen zu handeln - in dem Rahmen der möglich ist - in den vorhandenen Freiheitsgraden. Diese Ideen wären:

1. Der Appetit regelt das Essen - sowohl was, als auch wieviel

2. Ich kann dem vorhandenen Nahrungsangebot vertrauen.

3. Das Leben ist Fülle: Es bietet reichhaltig gesunde und leckere Nahrungsmittel

Oder wie man das auch immer individuell für sich formulieren möchte.

Ich selbst verbinde innerlich diese Ideen mit der Vorstellung der Welt als eines großen, reichhaltigen, wunderbaren Buffets an dem man sich vertrauensvoll nach Herzenslust bedienen kann. Und diese Vorstellung ist eigentlich eine Tatsache, die aber in all dem "Bio", "gesund" und "reduziert" völlig untergehen kann. Und übrigens: Qualität ist wichtiger als "Bio". Und für Qualität gibt es einen absolut herausragenden Experten: den eigenen Körper. Er reagiert auf Qualität, indem er es mag.

Nun ist es so, dass die Ernährung tatsächlich problematisch sein kann. Das heißt, es kommt vor, dass das Essen von der natürlichen Führung durch den Appetit abgetrennt ist. Dort gibt es dann ein Ernährungsproblem. Aber es liegt auf einer anderen Ebene. Rationale Kontrolle entsprechend gesunder Ernährung kann dieses Problem nicht lösen. Es muss auf der Ebene gelöst werden, auf der es entstanden ist:

Das Essen wird als Ersatzbefriedigung missbraucht. Das heißt, es wird zum Beispiel mehr gegessen als der Körper braucht und vielleicht ein übergroßer Anteil Süßigkeiten.

Damit teilt sich das Essen auf in 2 Funktionen:

1. die für den Körper notwendige Nahrungsaufnahme

2. Befriedigung erlangen, die man anderweitig nicht erreicht

Das Ringen um gesunde Ernährung oder Idealgewicht trifft nun genau die Ebene, die es gar nicht betrifft: da, wo sich der Körper holt, was er braucht. Und genau auf der Ebene entstehen dann auch die Probleme. Gleichzeitig wird aber die andere Ebene der Ersatzbefriedigung nicht angetastet. Das geht nämlich nicht, ohne sich den Ursachen dafür zuzuwenden.

Wie das Problem auf der richtigen Ebene gelöst werden kann, damit beschäftigt sich das Kapitel "Sucht".

Sollte ein Mensch tatsächlich vorhaben, seine Ernährung in irgendeiner Weise zu ändern (womit ich nicht gesagt haben wollte, dass das nötig ist), dann muss es

1. im Einklang mit dem Appetit und

2. im Einklang mit der Natur solcher Veränderungsprozesse ablaufen

Wenn jemand zum Beispiel der Meinung ist, er müsse mehr Obst essen, dann funktioniert das auf keinen Fall von heute auf morgen, indem man sich nun täglich ein Kilo Bananen kauft und dann irgendwie reinschiebt, auch wenn man davon kotzen möchte.

Sondern es funktioniert so, dass man seinem Appetit folgend dort Obst isst, wo sich gute Möglichkeiten bieten und diese Möglichkeiten dann schrittweise ausbaut. Aber niemals gegen den Appetit. Wenn jemand kein Obst essen will oder nur wenig, dann ist es gut. Ernährungsgewohnheiten und -vorlieben sind Geschmackssache und das ist individuell! Wie kann man nur annehmen, etwas derart individuelles wie Ernährung könne auf allgemeingültigen Regeln beruhen?

Ich selbst esse sehr viel Obst. Es hat sich über mehrere Jahre dahin entwickelt, nachdem ich aufgehört habe, mich gesund ernähren zu wollen.

Ich möchte diese Entwicklung hier kurz darstellen, weil sie interessanterweise davon geprägt ist, zahlreiche Meinungen über Ernährung als den Blödsinn, der sie sind, zu erkennen und abzulegen.

Das Obst, das ich am meisten esse, weil es ihn auch das ganze Jahr über gibt, ist ein Apfel. Aber es ist nicht irgendein Apfel. Es ist mein Lieblingsapfel. Ich habe ihn schon als Kind gern gegessen. Dann aber viele Jahre lang nicht mehr.

Warum nicht?

Irgendwelche Experten haben herausgefunden, dass dieser Apfel wertlos ist. Er hat keine Vitamine oder nur wenig. Es ist der "Golden Delicious".

Irgendwann wurde mir aber klar, was für ein Quatsch das ist. Und jetzt esse ich ihn wieder. Ist mir egal, ob er Vitamine hat oder nicht. Die sauren Dinger mit den Vitaminen kann der Obsthändler alleine essen.

Das zweite, was ich besonders im Winterhalbjahr esse, ist Obstsalat aus Apfel, Banane, Orange. Auch das habe ich schon als Kind gern gegessen und dann aber als Erwachsener viele Jahre nicht mehr.

Warum nicht?

Weil irgendwelche anderen Experten (oder waren es sogar die gleichen?) behauptet haben, man soll nicht verschiedene Obstsorten mischen sondern immer die Obstsorten einzeln essen.

Ich liebe aber Obstsalat, also esse ich ihn. Und das ist garantiert besser, als gar kein Obst mehr zu essen, weil man es sich von irgendwelchen neunmalklugen Ratschlägen hat vermiesen lassen.

Obst essen entsprechend dem Appetit ist meiner Erfahrung nach absolut grundlegend auf Qualität angewiesen. Es geht darum im Laufe der Zeit die richtigen Quellen zu erschließen:

Ich liebe Melonen. Aber wenn man sie im Ganzen kauft, ist es immer wie ein Lotteriespiel. Also aß ich jahrelang keine Melonen - denn es war ziemlich oft ein Reinfall: entweder schon matschig oder nicht süß. Dann stieß ich eines Tages auf einen Supermarkt, der sie aufgeschnitten als Viertel in Klarsichtfolie verkauft. Und das war die Lösung. Es ergab sich eine Möglichkeit. Aufgeschnitten sieht man es ihnen viel besser an, ob sie gut sind.

Bei mir braucht Obst essen ein bisschen Zeit. In einem Tagesablauf, der ausschließlich auf Effektivität getrimmt ist, würde das nicht funktionieren: Ich fahre in einen Markt, nur um Melonen zu kaufen und in einen anderen Supermarkt nur um die Orangen zu kaufen, die ich mir morgens auspresse und in noch einen anderen, um meine Lieblingsäpfel zu kaufen. Getreu der Weisheit von Oscar Wilde:

Mit dem guten Geschmack ist es ganz einfach: Man nehme von allem nur das Beste.

Qualität ist für das Essen ein sehr wichtiger Punkt. Viele Menschen gehen ja in Billigmärkte einkaufen, weil sie sparen möchten. Ich habe aber folgende Beobachtung gemacht: Wenn man Qualität kauft, dann braucht man mengenmäßig weniger. Einfach mal ausprobieren! Das ist die Entwicklung vom überladenen Großraum-Einkaufswagen zum Einkaufskörbchen auf dem Wochenmarkt.

Qualität ist übrigens nicht was teuer ist und auch nicht was irgendwer als Qualität betitelt, sondern Qualität ist, was man selbst mit seiner Intuition und seinem Geschmack als Qualität wahrnimmt.

Und meine letzte Bemerkung zum Obst essen ist: In Kontakt mit der Landschaft leben, in der man wohnt. Das Obst essen, was um einen herum wächst und direkt bei den Bauern und auf Wochenmärkten einkaufen gehen. Das kommt nicht nur dem Essen zugute, sondern es schafft auch noch nette Kontakte und eine angenehme Verbundenheit mit der Landschaft, die man sich zum Leben ausgesucht hat.

Eine Ernährung, die dem Körper gut tut, beruht darauf, sich Zeit zu nehmen, dem eigenen Appetit und damit den Bedürfnissen des Körpers wirklich gerecht zu werden, sich Zeit zu nehmen, den eigenen Appetit wirklich mit guter Qualität zu befriedigen. Dabei geht es nicht um irgendeine abgehobene Qualität, sondern wirklich um das, was man ganz einfach gerne isst.

Das Prinzip, das man hier erkennt ist Folgendes: Es gibt zahlreiche Ideen im Gefüge unseres Glaubenssystems, die verhindern, dass man dem eigenen Appetit wirklich folgt. Dazu gehören die genannten Beispiele "billig einkaufen" und "effektiv sein müssen", die einer Ernährung mit hoher Qualität entgegenwirken.

So wie die Gesamtentwicklung, um die es in diesem Buch geht darauf abzielt, den eigenen Willen immer besser zur Entfaltung zu bringen, indem einschränkende Annahmen erkannt und aufgegeben werden, so geht es im Bereich der Ernährung ebenfalls darum einschränkende Annahmen aufzugeben, um den tatsächlichen Bedürfnissen des Körpers immer besser gerecht werden zu können. Und das ist dann eine gute Ernährung.

Ich persönlich halte absolut überhaupt gar nichts von vegetarischer Ernährung - es sei denn, sie äußert sich als Körper-Bedürfnis. Das kommt ja bei einzelnen Menschen vor. Aber ich kann nur davon abraten, aus rationalen Gründen heraus derart tiefgreifende Nahrungsumstellungen vornehmen zu wollen.

Viele der in diesem Kapitel gemachten Aussagen sind tendenzieller Natur und entsprechen meiner eigenen Erfahrung. Sie können eine Richtung weisen. Aber kein Mensch kommt darum herum, sich seinen eigenen Gefühlen und Erfahrungen selbst zu stellen, um herauszufinden, wie bei ihm der genaue Zusammenhang ist.

nächstes Kapitel: erste Reaktionen (Themen)